Autorenlesung: Ellinor Wohlfeil in der Gemünder Galerie »Eifel Kunst«

Veröffentlicht am 12. Juni 2014

Am Dienstag, 03. Juni 2014, las Ellinor Wohlfeil in der Galerie »Eifel Kunst« aus ihrem Buch Kein menschlicher Makel – weder gestern noch heute.

Presseartikel zur Autorenlesung (zum Vergrößern klicken):

Die Eröffnungsrede von Andreas Züll:

Liebe Ellinor, liebe Marita, verehrte Gäste,

ich freue mich ganz besonders, heute hier in unserer Galerie meine liebe Freundin und Kollegin vom Freien Deutschen Autorenverband Ellinor Wohlfeil begrüßen zu dürfen. Ich danke Dir sehr, dass Du die Reise in die Eifel auf Dich genommen hast, um heute hier aus Deinem Buch Kein menschlicher Makel … weder gestern noch heute vorzutragen. Ein besonderer Tag ist es auch, da er heute Morgen mit der Verlegung von Stolpersteinen des hochgeschätzten Kölner Künstlers Gunter Demnig auch hier vor der Galerie begonnen hat. In diesem Gebäude wollen wir heute und immer dem Schicksal seiner früheren jüdischen Bewohner gedenken und mit ihnen den unzählbaren unschuldig Ermordeten der Shoa. Im Geist der Erinnerung und der Versöhnung ist diese Galerie entstanden, im Geist auch des lebendigen Einsetzens gegen jenen leider bis in unsere Tage nicht ausgestorbenen Ungeist, der einst Unrecht zu pervertiertem Recht zu machen suchte und der seinem Wesen nach nur Hass, Gewalt und Menschenverachtung kennt. Wir wollen, wir müssen dem Ungeist den freien, ungezwungenen und aus gegenseitigem Respekt quellenden Geist von Kultur und Menschenwürde entgegenstellen, »dass Auschwitz nicht noch einmal sei«, wie es der Soziologe Theodor Adorno als erste Forderung an Erziehung stellte. Liebe Ellinor, Dein Werk ist ein wichtiger Teil davon, diese Forderung für uns alle und an uns alle zu erfüllen. Gleichsam ist es auch selbst eine Forderung, nicht zu vergessen – und nicht zu wiederholen.

Bereits während unserer gemeinsamen Arbeit im FDA waren wir dem Erbe und der Tradition des Widerstandes und der Deutschen Akademie der Künste und Wissenschaften im Exil verpflichtet, den Idealen und Überzeugungen von Demokratie, Menschenrecht, Meinungsvielfalt und Rechtsstaat ebenso aber auch wie dem traurigen Andenken an die Opfer der nationalsozialistischen Barbarei. Stets mit Leidenschaft hast Du, liebe Ellinor, diese Werte vertreten und Dich für sie eingesetzt, nie hast Du die damit verbundene Aufgabe, die Verantwortung als Schriftstellerin und als Zeitzeugin gescheut. Unser verehrter inzwischen verstorbener Ehrenpräsident Volkmar Zühlsdorff, selbst einst von den Nazis verjagt und doch nie von ihnen gebrochen, sprach in seiner Festrede zum 30-jährigen Verbandsjubiläum auf der Wartburg 2003 – und als junger Schriftsteller ist mir diese Rede ist lebendigster Erinnerung geblieben – davon, dass es »um die Freiheit, um den freien Geist und das freie Wort« gehe, »[u]nd damit zugleich, in untrennbarer Konsequenz hiermit verbunden, um eine freie Gesellschaft und freie politische Ordnung, denn nur in diesen« finde »der freie Geist eine sichere Heimat«. Zühlsdorff zitierte damals Thomas Mann, dem er bei seiner Ankunft im amerikanischen Exil 1938 begegnet war: »Der Geist kann frei sein, oder er kann nicht sein.«

Liebe Ellinor, dieser Worte eingedenk glaube ich, Dir sagen zu dürfen: Volkmar wäre heute sicher sehr stolz auf Dich. Auf den Mut, den Du in Deinen Werken vollbringst, auf die Gratwanderungen, die Dich auf den Seiten Deiner Bücher zurück in die eigene schwere Vergangenheit geführt haben, und vor allem: auf die Kraft, Deine Erfahrungen weiterzugeben an uns Jüngere. Denn was Geschichte ist, die schrecklichen zwölf Jahre der Tyrannei, darf niemals nur bloße Historie für uns werden. Es bleibt uns wache und wachzuhaltende Mahnung ebenso wie es die mit dem Blut und der Asche von Millionen teuer bezahlte Erkenntnis bleibt, dass Hass und Gewalt stets nur neuen Hass und neue Gewalt hervorbringen können – und unfassbares Leid. Freien Geist und eine sichere Heimat, das wünsche ich uns allen – ohne Unterschied und ohne Ausnahmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Photos von der Autorenlesung (zum Vergrößern klicken):

Photos © Andreas Züll

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