Nachtfahrt oder Cologne Taxi Driver
Ganz am Ende des grandiosen Fototagebuchs Nachtfahrt – Ein Taxi Blues schreibt Josef Šnobl, Künstler und Taxifahrer, Fotograf und Literat in Personalunion, den grandiosen Satz »Die Verlierer sind unsere Doppelgänger«. 25 Jahre Taxifahren machen also weise und zeigen, dass zwischen Menschen immer und zu jeder Zeit alles möglich ist: Gewalt und Zärtlichkeit, Verzweiflung und Freude, Geschwätz und gute Gespräche, Hass, Liebe und Erotik – das alles verdichtet in dem »metallenen Sarg«, wie Paul Schrader das Taxi einmal genannt hat. Das war übrigens zu der Zeit, als er das Drehbuch zu einem Film namens Taxi Driver geschrieben hat. Und wenn man […]
Vollständigen Eintrag lesen »Gemma Habibi oder Boxen im Dreivierteltakt
»Nichts ist heftiger als das«: Boxen ist Kampf, ist Tanz, wie bei Ali – float like a butterfly, sting like a bee – Boxen ist immer auch Musik. Ein Fighter, der keinen Rhythmus hat, ist keiner, einer, der ihn verliert, verliert den Kampf. Lorenz hat seinen letzten verloren, aber der fand nicht im Ring statt. Die Rechte kaputt, wer weiß, was die Zukunft bringt, aber Aufgeben ist keine Option, so lange du stehen kannst, wirst du kämpfen. Und deine Schlagserien weiter üben zu Klängen zwischen Salsa und Schlager. Das hat Trainer Simon, früher DDR, heute Wien, Berlin, Zürich, Lorenz beigebracht. […]
Vollständigen Eintrag lesen »Lesung im Salon littéraire von Virginia Meza Leifer
Der literarische Salon als privater gesellschaftlicher Treffpunkt für Lesungen, kulturelle Veranstaltungen und Diskussionen erlebt in den letzten Jahren eine Renaissance. In dieser Tradition steht auch der Salon littéraire von Virginia Meza Leifer. Unterstützt von ihrem Mann Klaus Leifer, hat sie in Le Bouveret am Genfer See, unweit von Montreux, ein Refugium für Buchbegeisterte geschaffen. Das leibliche Wohl kommt dabei, getreu dem Motto Mange-Mots, ebenfalls nicht zu kurz. So war es auch am Freitag, dem 26. April 2019, an dem ich das große Vergnügen hatte, vor Ort zu meinem Lieblingsthema Sport und Literatur vorzutragen. Der Titel der Lesung lautete »Die Befreiung […]
Vollständigen Eintrag lesen »Nordwasser oder Sehet den Menschen, das Tier
Er schnaubt einmal, streicht sich über den borstigen Kopf und rückt sich den Schritt zurecht. Er riecht an den Fingern, dann lutscht er langsam jeden einzelnen und leckt die letzten Reste ab, um auch wirklich alles für sein Geld bekommen zu haben. Wer hofft, es ginge nach diesen ersten Sätzen des Romans Nordwasser entspannter weiter, dem seien gleich zu Beginn alle Illusionen genommen. Der schottische Autor Ian McGuire schickt seine Leserinnen und Leser auf den folgenden 350 Seiten nämlich auf eine literarische Tour de Force mit der impliziten Aufforderung, alle Hoffnung fahren zu lassen. Und Henry Drax, Harpunierer auf dem […]
Vollständigen Eintrag lesen »Der Boxer oder Leben und Sterben in Warschau
Das Alef ist der erste Buchstabe des hebräischen Alphabets und läutet die erste Runde des furiosen Romans Der Boxer von Szczepan Twardoch ein. Furor wohnt auch Jakup Shapiro inne, dem »großen, gutaussehenden Juden mit breiten Schultern und dem mächtigen Rücken eines makkabäischen Kämpfers«. Shapiro, »seine Züge hart und grob, die Nase trug die Spur eines alten Bruchs«, boxt für den jüdischen Club Makkabi Warschau. Twardoch schickt seinen gebrochenen Helden dabei ohne Aufwärmen in die literarische Ringmitte, gönnt ihm, wie auch in den restlichen 450 Seiten, kaum eine Ruhepause. Und gleich zu Beginn trifft er auf den perfekten Widerpart – mental, […]
Vollständigen Eintrag lesen »Die Möglichkeit einer Insel
Arno Geiger ist einer der großen deutschsprachigen Schriftsteller unserer Zeit. Groß nicht nur in Hinblick auf sein literarisches Können, sondern auch auf seine Perspektive, den Menschen als Maß aller Dinge zu sehen: in seiner Verletzlichkeit, seinem Kampf um Würde, seinem Schrecken und nicht zuletzt seiner Fähigkeit, gegen alle Widerstände zu lieben. In Arno Geigers neuem Roman Unter der Drachenwand ist die Liebe das menschliche Movens in einer unmenschlichen Zeit. Die Liebe zwischen dem Soldaten Veit Kolbe und Margot aus Darmstadt, die 1944 im Ort Mondsee Wand an Wand im Haus einer bösartigen Nazi-Vermieterin wohnen. Veit kuriert seine an der Ostfront […]
Vollständigen Eintrag lesen »Literaturtreff 30. April
Es gibt, auch für Kölner, gute Gründe, hin und wieder einen Samstag in Düsseldorf zu verbringen. Der FDA-Literaturtreff ist einer davon, vor allem, wenn die Runde groß und die Texte gut sind. Wie z. B. der März 2016 im Verlag Twentysix erschienene Roman Der Vorhang oder Das Stück ist nicht zu Ende, wenn der Vorhang fällt von Rohna Buehler, aus dem die Autorin einige Seiten zu Gehör bringt. In pointierter Form beschreibt Buehler einen Tochter-Eltern-Konflikt, der sich im Kontext von Bühne und Schauspielermilieu entwickelt und die Problematik von Rollenspiel und Identitätssuche thematisiert. In einem stimmigen Kontrast dazu steht die launig-humorvolle Neuinterpretation […]
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